Von Prinzen und Prinzessinnen

Kinder sind etwas ganz besonderes, etwas einzigartiges, das bewahrt und beschützt werden muss. Soweit so natürlich richtig. Das Problem daran ist aber, dass für einige Eltern die Erziehung und Förderung der Kinder zum einzigen Lebensinhalt geworden ist, der teilweise schon recht seltsame Blüten treibt. So sollen Kinder möglichst schon im Kindergarten Englisch lernen, weil die Eltern irgendwo gehört haben, dass man im Kleinkindalter am besten Sprachen lernen kann. Mathematik und schreiben lernen wäre auch gut, weil der Nachwuchs dann schon beim Schulstart einen Vorteil gegenüber den anderen Kindern haben.

 

Dazu kommt die Idee der möglichst freien Entfaltung, in der es nur rudimentäre Regeln gibt, an die die Kinder sich halten müssen, damit ja die so wichtige Entwicklung nicht beeinträchtigt wird. Das hört sich erstmal nach einer guten Idee an, hat aber auf den zweiten Blick auch große Nachteile für die Kinder, die ich im Nachfolgenden gerne beschreiben würde. 

Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung:

Vor einiger Zeit kam eine Mutter mit ihrem Jungen, 6 Jahre alt, zum Training. Der Einfachheit halber nennen wir ihn Peter. Der erste Eindruck war durchaus positiv: die Mutter war sehr nett und zuvorkommend, der Junge, gut gekleidet und durchaus interessiert, war anfangs völlig unauffällig. Sobald das Training jedoch begann, änderte sich das Bild völlig. Peter konnte sich an keinerlei Regeln halten und wollte im Prinzip nur machen, worauf er Lust hatte. Wollte er trinken, lief er zu seiner Mutter und trank. Wenn er lieber klettern wollte, verließ er die Gruppe und ging eben klettern. Nach einer Ermahnung kam er dann zwar wieder zurück, du kannst dir aber sicher vorstellen, wie anstrengend das als Übungsleiter ist, vor allem weil da ja auch noch 10 andere Kinder stehen, die Aufmerksamkeit benötigen. Unterstützung von der Mutter kam keine…

 

Vor der letzten Probestunde, also bevor die Eltern und die Kinder sich entscheiden müssen, ob sie dauerhaft am Kurs teilnehmen möchten oder nicht, kam Peter dann laut krähend in den Raum: „Ich mach nur noch heute mit und dann nicht mehr! Das ist mir zu anstrengend und zu langweilig!“. Im ersten Moment war ich völlig perplex aufgrund der Dreistigkeit dieser Aussage, die schon so einiges über die Gedankenwelt dieses sechsjährigen Jungen aussagt. Zum einen, weil Peter mich und mein Training kritisierte, was für einen sechsjährigen Jungen schon allerhand in der Deutlichkeit und Lautstärke ist. Andererseits muss man natürlich mit der direkten Art leben, wenn man Kindertraining gibt. Das wäre noch nicht mal das Problem gewesen. Vielmehr hat mich die Tatsache gestört, dass ER einfach entschieden hat, nicht mehr weiterzumachen, aber diese Stunde dann doch noch mitnehmen möchte. Ist ja umsonst… Ich habe dann gesagt, dass es ok ist, wenn er keine Lust auf den Kurs hat, er dann aber dieses Training auch nicht mehr mitmachen soll. Da sind ja auch noch genug andere Kinder, die gerne mitmachen möchten. Die Mutter war daraufhin völlig überfordert, weil sie wohl damit nicht gerechnet hatte.

Ich finde, wir machen einen großen Fehler, wenn wir die Kinder alles entscheiden lassen und ihnen somit die Macht über uns Erwachsene geben. Ich kann mich daran erinnern, dass meine Mutter mir immer gesagt hat, ich soll fragen, ob ich mitmachen DARF. Nicht, dass ich mitmachen WILL. Das ist ein himmelweiter unterschied in der Denkweise und sagt einiges über die Wertigkeit aus, die man einer Sache entgegenbringt. Selbstverständlich sind die Kinder, die mich nett fragen, und froh sind teilnehmen zu dürfen, deutlich in der Mehrheit, aber es gibt es auch diese (nicht kleine) andere Fraktion.

 

Das Problem an dieser Sichtweise ist jedoch nicht nur, dass Kinder wie Peter unangenehm bei anderen Erwachsenen auffallen. Sie haben Probleme in vielen Bereichen, die soziale Interaktion erfordern.

Gruppendynamik

Einige Kinder kriegen von zu Hause aus beigebracht, dass sie etwas ganz Besonderes sind. Das ist ja auch richtig so, denn für alle Eltern sollte der eigene Nachwuchs an oberster Stelle liegen. Das Problem an der Sache ist nur, dass viele vergessen ein „für mich“ dahinter zu setzen. Geschieht das nicht, denken manche Kinder dann folgerichtig, die Welt würde sich um sie drehen.

 

Solche Kinder haben es dann zwangsläufig schwerer, sich in Gruppen zu integrieren, denn die Spielkameraden sehen gar nicht ein, warum sie plötzlich einem Jungen oder Mädchen den Vortritt lassen sollten, nur weil der/die von zu Hause beigebracht gekriegt hat, er/ sie sei was Besseres. Meiner Erfahrung nach werden solche Kinder dann eher gemieden. 

Kindergarten und Schule

Aber das ist natürlich noch nicht der einzige Nachteil. Diese Kinder haben natürlich auch sehr oft Probleme im Kindergarten und in der Schule, was ja auch irgendwie logisch ist. Sie sind es von zu Hause aus gewohnt, immer im Mittelpunkt zu stehen und dass alles Bedürfnisse sofort befriedigt werden. Im Kindergarten bzw. in der Schule sind sie aber plötzlich einer von vielen und sollen plötzlich lernen, sich hintenanzustellen. Das funktioniert natürlich so nicht.

 

Die Folge von solchen Erziehungsmethoden sind unreife Jugendliche und Erwachsene, die Schwierigkeiten haben, sich ins Berufsleben zu integrieren. Erzähl mal einem Prinzen oder einer Prinzessin, dass sie jetzt den Boden fegen, Kaffee kochen oder Sachen kopieren sollen. Das ist für viele unter ihrer Würde. Nicht umsonst haben deutschlandweit viele Ausbildungsbetriebe große Probleme, geeigneten Nachwuchs zu finden. Das liegt mit Sicherheit nicht daran, dass alle zu dumm sind. Vielmehr lässt bei vielen die Arbeitseinstellung zu wünschen übrig. Am liebsten wollen alle nur Chef sein und sich nicht die Hände schmutzig machen

Die Frage nach dem "Warum"

Es ist natürlich nicht so, dass man hinter dem Verhalten der Eltern böse Absicht erkennen kann. Ganz im Gegenteil: diese Kinder kommen im Normalfall aus gutem Elternhaus, sind gepflegt und können sich gut ausdrücken. Zu wenig Zuwendung ist meistens auch nicht das Problem. Eher im Gegenteil: wenn die Erziehung der Kinder zum Lebensinhalt wird, kann es auch mal so seltsame Blüten treiben. Einige Eltern haben neben ihren Kindern keine eigenen Hobbys mehr und geben sich völlig auf, um sich nur noch dem Nachwuchs zu widmen. Da will man dann natürlich alles richtig machen und die bestmögliche Förderung der Kleinen.

Das Problem ist jedoch, dass viele immer aus der Sicht des Erwachsenen auf die Kinder schauen und diese auch so fördern wollen. Kinder lernen jedoch völlig anders als wir. Sie spielen, interagieren miteinander, streiten und raufen sich sogar manchmal. Das gehört alles dazu und ist für das spätere Leben viel wichtiger als schon im Kindergarten Englisch oder Mathe zu lernen.

 

Sozialkompetenz ist in unserer heutigen Zeit für das berufliche Weiterkommen viel entscheidender als Wissen. Alles Wissen der Welt ist heutzutage nämlich quasi auf Knopfdruck erreichbar, Empathie muss man jedoch immer noch lernen. 

Unsere Kurse zu den Themen Selbstverteidigung und Selbstbehauptung sind geeignet für Kinder ab 4 Jahren, Jugendliche und Erwachsene. Ihr findet uns an folgenden Standorten:

Bersenbrück, Bramsche, Hasbergen- Gaste, Hesepe, Lappenstuhl, Osnabrück- Widukindland, Venne, Wallenhorst und Ueffeln.

 

 

 Falls dir der Artikel gefallen hat, kannst du gerne meinen Newsletter abonnieren, um regelmäßig über Neuigkeiten und Sonderaktionen informiert zu werden. Newsletter- Abonnenten erhalten beispielsweise einen Rabatt auf alle Veranstaltungen und einen vergünstigten Monatsbeitrag!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0