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Drei Irrtümer über Kampfkunst

Über das Thema Selbstverteidigung gibt es viele verschiedene Meinungen und Ansichten. Gefühlt will jeder, der auch nur einmal einen Kurs besucht hat, hier mitreden und seine Ansichten vertreten. Daraus folgt dann natürlich leider, dass zu diesem Thema auch eine Menge Unsinn verbreitet wird. Viele Dinge, die da so verbreitet werden, sind im besten Sinne vielleicht noch zu belächeln, andere könnten dann im Ernstfall sogar über deine Gesundheit entscheiden.

Genau deshalb ist es in meinen Augen nötig, hier einmal Licht ins Dunkle zu bringen und mit einigen dieser Irrtümer aufzuräumen, damit endlich mal Klarheit herrscht, was richtig und was falsch ist. Natürlich wird der ein oder andere eine abweichende Meinung zu bestimmten Themen haben, was selbstverständlich auch völlig normal und in Ordnung ist. Grundsätzlich gesehen gibt es aber Gesetzmäßigkeiten, was wirklich funktioniert und was nicht. Da ich selber schon seit 20 Jahren aktiv in der Kampfsport- und Selbstverteidigungsszene aktiv bin und auch einige Jahre im Sicherheitsdienst gearbeitet habe, maße ich mir an, zumindest einen kleinen Einblick in dieses Thema gewonnen zu haben. Ich habe dabei in vielen Dingen einen anderen Ansatz als viele andere, die vor allem die Technik und Härte im Fokus haben, während für mich eher die Persönlichkeit zählt. Ich denke, beide Wege sind nicht grundlegend falsch und im Endeffekt muss ja jeder selbst entscheiden, was und wie er trainieren möchte.

 

Nun aber genug der Vorrede, hier die ersten drei großen Irrtümer über Selbstverteidigung:

Irrtum Nummer eins: Frauen und Kinder haben keine Chance

Ja, das du hast richtig gelesen. Es gibt wirklich Männer, die behaupten, Frauen und Kinder hätten keine oder kaum Chancen, sich zu verteidigen. Als Argument wird hier häufig der Kraftvorteil, den Männer gegenüber Frauen und Kindern haben, angeführt. Grundsätzlich stimmt es ja auch, dass Männer eine größere Muskelmasse haben und somit einen nicht unerheblichen Kraftvorteil haben. Insofern gesehen hätte eine untrainierte Frau gegenüber einem untrainierten Mann einen Nachteil in der Selbstverteidigung und würde wahrscheinlich unterliegen. Stimmt also soweit.

Allerdings werden dabei einige sehr wichtige Punkte außer Acht gelassen:

 

  1. Mann ist nicht gleich Mann: wir sind ja nicht alle Stereotypen, d.h. es gibt immer große Unterschiede in Form von Größe, Gewicht und Körperkraft. Es gibt durchaus auch Frauen, die stärker sind als mancher Mann. Man darf nicht immer davon ausgehen, dass da ein zwei Meter großer, durchtrainierter Kampfsportler eine 1,60m kleine, zierliche Frau angreift. Im Gegenteil sind die meisten Vergewaltiger beispielsweise eher unscheinbare Männer, die weder vor Kraft strotzen noch sonst irgendwie besonders sind.
  2.  Auch Männer haben Schwachstellen, die man gezielt angreifen kann. Dafür muss man natürlich gut trainiert sein, um diese Punkte auch exakt und im richtigen Moment treffen zu können. 
  3. Kampferfahrung und Angst machen viel aus. Eine Frau, die durch Training eine gewisse Erfahrung im Kämpfen gesammelt hat, wird nicht so leicht überrascht und hat vor allem weniger Angst. Der Angreifer wird normalerweise nicht mit gezielter und entschlossener Gegenwehr rechnen, sondern eher auf Angst und Verwirrung hoffen. Genauso natürlich bei Kindern: wenn sie schnell und entschlossen reagieren, haben sie durchaus Chancen, auch einen körperlich deutlich überlegenen Gegner zu überraschen. Natürlich wird ein Kind von beispielsweise 7 Jahren kaum einen erwachsenen Mann kampfunfähig schlagen können, aber das muss ja auch gar nicht sein. Es reicht ja, sich so zu befreien, dass man flüchten oder Hilfe holen kann.

Irrtum Nummer zwei: es gibt das beste System

Eine lange Zeit lang war es Wing Tsun, heute sind es eher Systema oder vor allem Krav Maga: die angeblich besten und effektivsten Systeme zur Selbstverteidigung, die es gibt. Vielleicht wir aber morgen schon ein noch besseres System erfunden und diese drei sind schon wieder veraltet. Ja, alle drei sind gut und ich bin der festen Überzeugung, dass man sich damit auch verteidigen kann. Was jetzt aber das Beste ist, kann und will ich nicht beurteilen, denn das ist in meinen Augen völlig irrelevant.

 

Natürlich gibt es Unterschiede und ganz sicher gibt es auch Systeme, die nicht zur Selbstverteidigung taugen, weil sie fernab jeglicher Realität entwickelt wurden. Die Wahrheit ist jedoch, dass alle relevanten Techniken zur Selbstverteidigung schon entwickelt wurden und alles, was sinnvoll ist, auch schon Anwendung findet. Die Menschen beschäftigen sich schon seit Jahrhunderten mit dem Thema Kampf und im Gegensatz zu den verwendeten Waffen hat sich ja an den Voraussetzungen des waffenlosen Kampfes nicht viel geändert. Das heißt, es geht eigentlich nur darum, WIE man es seinen Schülern beibringt. Da gibt es natürlich schon Unterschiede, aber die sind in meinen Augen weniger vom System als vielmehr vom Trainier abhängig. Genauso liegt es selbstverständlich auch am Schüler selbst, was und wie er die ihm beigebrachten Techniken umsetzt. Ein guter Schüler wird auch von einem mittelmäßigen Trainer einiges lernen können.

Irrtum Nummer drei: Wer zuerst schlägt gewinnt

Das ist eines meiner „Lieblingsthemen“, weil es den Grundsätzen der Selbstverteidigung so sehr widerspricht. Es wird tatsächlich oftmals gelehrt, dass man, um den Vorteil der Überraschung zu behalten, möglichst die Initiative ergreifen soll und zuerst zuschlagen muss. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und vielleicht auch in Ausnahmesituationen angemessen. Andererseits bringt eine solche Handlungsweise auch große Nachteile mit sich:

  1.  Wenn ich zuerst angreife, wird es schwer hinterher auf Notwehr zu plädieren, weil objektiv gesehen ICH ja derjenige war, der zuerst angegriffen hat.
  2. Bei einem Angriff meinerseits geht der Kampf auf jeden Fall los. Alle anderen Optionen wie Deeskalation oder auch Flucht sind dann erstmal vorbei. 
  3.  Ich reize einen Angreifer, der sich vielleicht einfach nur aufspielen wollte. Wenn noch andere in der Nähe sind, MUSS er jetzt kämpfen, um sein Gesicht nicht zu verlieren.

 

Es ist also in fast allen Fällen sinnvoller, erst einmal defensiv zu bleiben und abzuwarten, was der Gegner macht. Wachsamkeit ist hier der Schlüssel zur Kontrolle der Situation und viel besser als blinder Aktionismus.

Unsere Kurse zu den Themen Selbstverteidigung und Selbstbehauptung sind geeignet für Kinder ab 4 Jahren, Jugendliche und Erwachsene. Ihr findet uns an folgenden Standorten:

Bersenbrück, Bramsche, Hasbergen- Gaste, Hesepe, Lappenstuhl, Osnabrück- Widukindland, Venne, Wallenhorst und Ueffeln.

 

 

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